Allgemein | 02.04.2022

Was es bei Arbeitszeugnissen von Assistenz- und Oberärzt*innen besonders zu beachten gilt

Anlässlich unserer Fokusserie Arbeitszeugnis haben wir uns mit Susanne Hasse, Geschäftsführerin und Rechtsberaterin beim VSAO Zürich unterhalten. Sie gibt uns einen Einblick in die häufigsten Fragen unserer Mitglieder in Bezug auf ihre Arbeitszeugnisse, deren zentralen Inhalte und wie man vorgehen kann, wenn ein*e Assistenz- oder Oberärzt*in mit seinem*ihrem Zeugnis nicht einverstanden ist.

Susanne, Du wirst immer wieder von VSAO Mitgliedern kontaktiert, die sich mit ihren Anliegen rund um ihr Arbeitszeugnis an uns wenden. Was sind deren Fragen?
Häufig werden wir kontaktiert, wenn ein Mitglied noch kein Zeugnis erhalten hat. Dann stellt sich die Frage, ob es (auch nebst dem SIWF Zeugnis) Anspruch darauf hat und wie man taktisch vorgehen soll. Schliesslich will man mit dem Verhalten, auch wenn der rechtliche Anspruch eindeutig ist, auch kein schlechtes Zeugnis provozieren.
Eine andere Situation, die wir oft antreffen, ist, dass Mitglieder ihr Zeugnis im Vergleich zu bereits erhaltenen zu lange oder zu kurz finden oder sich einfach absichern lassen wollen, dass nicht etwas zwischen den Zeilen steht, das sie übersehen haben oder sie nicht genügend qualifiziert.

Nach welchem Raster gehst Du vor bei der Beurteilung eines Arbeitszeugnisses?
Gar keine einfache Frage. Wenn man schon so viele Zeugnisse gesehen hat, dann macht man das wohl im Unterbewusstsein, genereller Eindruck, Tonalität, Vollständigkeit, was macht die Person aus? Es gibt 0815-Zeugnisse, die nach Blocksätzen gut oder schlecht zusammengesetzt oder -kopiert sind, und nicht viel über die Person aussagen, oder es gibt solche die wirklich persönlich abgefasst sind.

Gibt es bei Arbeitszeugnissen von Assistenz- und Oberärzt*innen Punkte, die Dir besonders wichtig erscheinen?
Das Mitglied, das mich kontaktiert, kenne ich als Person und als Mitarbeitende*r nicht, weshalb ich das Zeugnis nicht auf Korrektheit überprüfen kann, sondern nur auf Vollständigkeit, und eine Einschätzung abgeben kann, was für ein Bild ich von der Person wahrnehme. Wichtig ist, dass die Tätigkeit umfassend beschrieben wurde, und dass nichts fehlt, z.B. geht häufig die Beurteilung des Verhaltens gegenüber Vorgesetzten oder aber auch gegenüber Patient*innen und deren Angehörigen vergessen. Dies ist natürlich für eine ärztliche Tätigkeit in einem Spital zentral. Wenn nichts dazu steht, lässt das natürlich für zukünftige Arbeitgebende Interpretationsspielraum, dass das Verhalten ungenügend war.

Wie gehst Du vor, wenn ein Arbeitszeugnis aus Sicht des/der Arbeitnehmer*in nicht den Tatsachen entspricht?
Prinzipiell sind die Arbeitszeugnisse der meisten Spitäler ziemlich professionell verfasst, aber auch häufig nicht sehr persönlich. Bei den Angestellten in den Arztpraxen ist es genau umgekehrt, d.h. persönlicher, dafür häufig auch unvollständig.
Wenn ich ein unvollständiges oder nicht genügendes Zeugnis vorliegen habe, so rate ich den Mitgliedern immer, sie sollen das Ganze mal in ein Word kopieren und kommentieren, was sie besonders stört und welche Qualitäten, die sie als Person ausmachen, sie explizit erwähnt haben wollen. Dabei darf man gern auch Zeugnisse von vorherigen Stellen heranziehen. Wenn keine schlechten Mitarbeiterqualifikationen vorliegen, kann man eigentlich immer zum HR oder dem Arbeitgeber gehen und höflich um eine Berichtigung des Zeugnisses bitten. In den allermeisten Fällen – und wenn sie eigentlich nur noch unterschreiben müssen – steigen sie auch darauf ein, ohne dass eine Berichtigung auf dem Rechtsweg erstritten werden muss. Das kommt eher dort vor, wo die Leistungen nicht gut waren, und es darum geht, ob es hierfür Beweise gibt.

 

Formulierungen in Arbeitszeugnissen – Zwei Fallbeispiele

“Dr. X bemühte sich stets seine ihm übertragenen Tätigkeiten fristgerecht zu erfüllen.”
> Das ist zwar nett formuliert, aber es heisst eigentlich: Dr. X ist zu wenig effizient und zu wenig selbständig – die Beurteilung der Resultate fehlt gänzlich.

“Das Verhalten von Dr. Y war gegenüber Kolleg*innen und Vorgesetzten insgesamt einwandfrei.”
> Das heisst: Es hat Unstimmigkeiten gegeben, und da Kolleg*innen vor Vorgesetzten genannt werden, ist es wohl das Verhalten gegenüber Vorgesetzten, das nicht einwandfrei war.

 

 

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